Tarifumgehung, Honorardumping, Ausbeutung und grundsätzlich fehlende Wertschätzung für kreative Arbeit - so kann man die Kommentare von MCS*-Mitarbeitern und -Auftragnehmern zur MDR-Tochterfirma in einer internen fairTV-Umfrage** aus 2020 zusammenfassen. Jetzt reicht es den Kreativen endgültig: "EINKOMMEN STATT OUTSOURCING" steht auf einem ihrer Streikplakate.

„Bis heute gibt es für die freien und angestellten Beschäftigten keinen Tarifvertrag. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse sind keine Seltenheit im Unternehmen“ wird Detlef Hauke, zuständiger Gewerkschaftssekretär bei ver.di, in der Pressemeldung der Dresdner Kollegen zitiert.

Ziel des Streiks ist nach eigenen Angaben, die Geschäftsführung zur Aufnahme von Tarifverhandlungen zum Abschluss eines Haustarifvertrages zu zwingen, nachdem die Arbeitgeberseite der Aufforderung von arbeitnehmerähnlichen freien Mitarbeitern und angestellten Mitarbeitern mit Tagesgage nicht nachgekommen ist“. Verhandelt werden soll dann nicht nur über realistischere, also an "echten"Sendertarifen orientierte Honorare, auch Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, betriebliche Altersversorgung, bezahlter Urlaub sowie regelmäßiger Inflationsausgleich bei Honoraren und Gagen sind Teil des Forderungspaketes, das der MCS-Geschäftsführung heute morgen zugegangen ist.

Tochterfirmen von öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten wie die MDR-Tochter MCS GmbH Sachsen stellen seit Jahren ein Problem für die Film- und Fernsehkreativen dar. Sie wurden um die Jahrtausendwende vor allem zum Zweck der Tarifumgehung, euphemistisch "Flexibilisierung" genannt, gegründet und sorgen seitdem für kontinuierlich sinkende Honorare für Freie und Selbstständige in den betroffenen Regionen. Die o.g. Erhebung unter Mitarbeitern und Auftragnehmern der Firma zeigte 2020, dass die Honorierung bei weniger als 2/3 der ortsüblichen Gagen in Mitteldeutschland liegt und noch weiter von den Mindestgagen im allgemeinen Tarifvertrag für Freie TVFFS entfernt ist. Auch werden an Standorten wie Dresden offenbar Selbstständige in gleicher Höhe wie freie Mitarbeiter auf Lohnsteuerkarte bezahlt, was nach einem Urteil des Bundessozialgerichts 2017 (fairTV berichtete) viele Fragen wie die der Scheinselbstständigkeit aufwirft.

Insbesondere problematisch erscheint in dem Zusammenhang, dass solche Firmen von den Sendern nicht wie gleichrangige Marktteilnehmer behandelt, sondern bevorzugt werden. In der Herstellungsordnung des MDR heißt es dazu: Eigenleistung geht vor Fremdleistung. [...] Dabei verstehen sich Eigenleistungen als vorhandene Eigenkapazitäten des MDR und als solche Konzernkapazitäten der Tochtergesellschaften, deren Nutzung und Nutzungsvolumen (Abnahmeverpflichtung) vertraglich zwischen MDR und Töchtern vereinbart wurde.“ (Q: Organisationshandbuch des MDR 2020) - was nichts anderes bedeutet, als dass in jedem Fall zuerst die Tochterfirma mit Aufträgen bedacht werden muss und erst danach freie Firmen Aufträge bekommen. Dies führte in vielen Gebieten Mitteldeutschlands langfristig zu einer Verdrängung der etwas angemessener honorierenden freien Firmen zugunsten der MDR-Tochterunternehmen und damit zu noch niedrigeren Honoraren.

Fatal mit Blick auf die Zukunft des Medienstandortes Mitteldeutschland ist darüber hinaus, dass durch Honorardumping und schlechte Arbeitsbedingungen, wie sie die Mitarbeiter bezeugen, die Attraktivität von Medienberufen weiter sinkt, was zu noch mehr Fachkräftemangel bei Editoren, Kameraleuten und anderen Film- und Fernsehschaffenden führt.

Euer fairTV-Team

 

* Die Media & Communication Systems (MCS) GmbH Sachsen ist ein 100%iges Tochterunternehmen der DREFA Media Holding GmbH, die wiederum ein 100%iges Tochterunternehmen des MDR ist. Eine direkte Anweisung des Senders zu diesen Praktiken wird hier nicht unterstellt, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden.

** in Zusammenarbeit mit LMC / Jörg Langer, bisher nicht vollständig veröffentlicht