Seit einigen Jahren steht am Ende unseres jährlichen Musterbriefes zur Honoraranpassung der Satz „Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass ich als Einzelunternehmer gezwungen bin, die Prinzipien der gewinnorientierten Wirtschaftlichkeit zu befolgen und daher diese Aktualisierungen zwingend notwendig sind. Alternative, eher arbeitnehmerähnliche Kalkulationen würden mich dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit aussetzen.


Das Bundessozialgericht bestätigt nun unsere geäußerte Sorge. In der Pressemeldung 14/2017 vom 31. März 2017 heißt es dazu: „Ermöglicht ein relativ hohes Honorar einer Honorarkraft Eigenvorsorge, ist dies ein gewichtiges Indiz für ihre Selbstständigkeit“.

Dies sollte alle Produzenten und technischen Dienstleister aufhorchen lassen, drohen doch aufgrund der aktuellen Rechtssprechung empfindliche Nachzahlungen. Und dass die derzeitigen Honorarhöhen es flächendeckend eben gerade nicht ermöglichen, „Eigenvorsorge“ zu betreiben, das hat die Studie der „Filmschaffenden“ erst kürzlich in beeindruckender Deutlichkeit nachgewiesen. Zur Erinnerung: 55% der Film- und Fernsehschaffenden haben nach eigenen Angaben keine ausreichende Altersvorsorge. 62% von diesen geben an, das aufgrund ihrer zu niedrigen Honorarhöhe nicht leisten zu können.

Es ist offensichtlich, dass der Status der Selbstständigkeit für viele Film- und TV-Schaffende bei den aktuellen Honoraren langfristig nicht haltbar sein wird. Wir bei fairTV verstehen daher das Urteil als einen Aufruf an unsere Branche, die Honorare (in der Selbstständigkeit) vollständig neu zu spezifizieren. Es wird hier nicht um ein paar Prozente Zuschlag gehen – vielmehr muss das Prinzip „Equal-Pay“, also gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit* ungeachtet der Anstellungsverhältnisse, auch bei der Budgetierung durch die Sender sowie der Kalkulation von Produzenten und technischen Dienstleistern zugrunde gelegt werden.

Aus diesem Grund überdenken wir auch unsere aktuellen Honorarempfehlungen und werden in naher Zukunft daran Änderungen vornehmen.

Euer fairTV-Team

* für nicht-Betriebswirte: Da Selbstständige viele Kosten in ihre Tagessätze einkalkulieren müssen, die Angestellte nicht haben, u.a. die Finanzierung von Krankheitszeiten, Urlaubszeiten, Fortbildung, Büroorganisation, Akquise sowie das tägliche Risiko der Nichtbeschäftigung u.v.a.m, bedeutet gleiche Bezahlung deutlich höhere Tagessätze für Selbstständige als für Angestellte.